Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Selbsthilfegruppe Missbrauchsthemen Darmstadt
Wir haben, unter Einhaltung der aktuellen Hygienevorschriften, für die Darmstädter Selbsthilfegruppe eine Sondergenehmigung für Face-to-Face Meetings
Anlaufstelle für Frauen und Männer, die als Kind sexuell missbraucht oder traumatisiert wurden.
Unsere Selbsthilfegruppe
Wir sind eine Anlaufstelle für Betroffene, die sich informieren und in Kontakt mit anderen Betroffenen kommen wollen.
Wir sprechen sowohl über unsere aktuelle Situation, als auch über unsere Erinnerungen.
Die Teilnahme ist kostenfrei. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortungsvoller Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer ist selbstverständlich.
Die Gruppe trifft sich jeden 2. und 4. Montag im Monat in Bahnhofsnähe Darmstadt
Über Missbrauch
Sexuelle Gewalt, emotionaler und körperlicher Missbrauch sind Delikte, die in unserer Gesellschaft erschreckend verbreitet sind. Es sind hochgradig verwirrende Erlebnisse von Vertrauensmissbrauch mit enorm zerstörerischen Folgen, die nach einer sensiblen und vollständigen Aufarbeitung verlangen.
Oft benötigt die Psyche Jahrzehnte, bis sie traumatische Erlebnisse ins Bewusstsein lässt.
Folgen eines Missbrauchs
Traumatisch wird Erlebtes dann, wenn der Organismus davon überwältigt wird und mit Hilflosigkeit und Lähmung reagiert. Die Folgen wirken im Denken, Fühlen und Handeln.
Traumatische Erinnerungen können durch Mechanismen wie Verdrängung oder Dissoziation vom Bewusstsein abgespalten werden.
Als Betroffene haben wir einen Verlust an Lebensenergie, Leidensdruck bis hin zu selbstzerstörerischen und unangemessenen Verhaltensweisen. Manche empfinden ihr Leben als stillgelegt. Unser psychisches Gleichgewicht ist aus der Balance.
Beziehungen zu anderen Menschen können schwierig sein, weil wir selbst von tiefen Verletzungen geprägt sind.
Wir leiden u.a. unter posttraumatischen Belastungsstörungen, psychosomatischen Schmerzen, Depression, Verzweiflung, Panik, Starre, Sucht, Zwängen, Angst vor Nähe und geringem Selbstwertgefühl. Das Vergangene lebt weiter in unsererem Körper und vermindert unsere Lebenskraft. Der Körper ist für uns zum Feind geworden und oft tun wir alles, um ihn nicht spüren zu müssen.
Unser Weg
Es gibt einen Weg aus dem Trauma, nicht durch Vergessen, sondern durch bewusstes Auseinandersetzen. Durch den Prozess der Auseinandersetzung mit uns selbst können unsere Selbstheilungskräfte allmählich in Gang kommen. Wir versuchen, unseren Körper und unsere Gefühle wahrzunehmen, zu akzeptieren und zu verstehen.
Zum Verstehen und Wachsen ist innere Bereitschaft und Hinsehen-wollen unabdingbar. Durch den Austausch, das Gespräch, gegenseitigen Respekt und Mitgefühl wachsen wir.
Betroffene, die diesen Weg nicht gehen wollen, sind trotzdem willkommen.
Wir wollen die Fähigkeit entwickeln, präsent zu bleiben und verstörenden Empfindungen zu begegnen, ohne von ihnen überwältigt zu werden. Wir wollen beobachten lernen, wann und wie sich der Körper versteift und zusammenzieht und wie Gefühle und Impulse aufsteigen. Wir sind auf der Suche nach Erklärungen für die Erinnerungen, und wie wir damit Frieden schließen können.
Ohne zusammenhängende Erinnerungen können wir den Teufelskreis der sich ständig wiederholenden Schwierigkeiten in unserem Leben nicht durchbrechen.
Unsere Ziele
Wir wollen lernen, unsere unbequemen Erinnerungen zuzulassen.
Wir wollen lernen, selbstreflektiertes Verhalten zu entwickeln.
Wir wollen lernen, unsere negativen Komplexe zu durchbrechen.
Kontaktaufnahme unter
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Sabine Tel: 0160-96 480 492
fabienne.pasternak@web.de
Fabienne Tel: 0152-55 945 041
Selbsthilfegruppe Überlebender von Missbrauch und Vergewaltigung Frankfurt
Sexuelle Gewalt ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Ich bin seit vielen Jahren Mitglied einer Selbsthilfegruppe von Überlebenden von sexuellem Missbrauch in der Kindheit und möchte Sie hiermit einladen zur Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe missbrauchter oder vergewaltigter Frauen und Männer.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Personen. Wöchentliche oder 14tägige Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Selbsthilfegruppe "Als Junge missbraucht" Offenbach
Als ich in einem Buch las, "Sie sind willkommen in dieser Welt. Als Sie geboren wurden hat die Sonne gelächelt", wusste ich, dass tief in mir steckt, nicht wichtig zu sein, nichts wert zu sein, für niemanden. Das war 1997und ich wusste noch nicht, dass ich über viele Jahre hinweg von meiner Mutter nicht nur geschlagen, sondern auch sexuell missbraucht wurde.
Nachdem ich 1999 dann den Missbrauch wieder erinnerte, habe ich versucht, andere Betroffene in einer Missbrauchsgruppe kennen zu lernen. Es war mir nicht gelungen, es gibt kaum solche Gruppen in Frankfurt. Daraufhin glaubte ich, dass es sinnvoll ist, eine solche Gruppe zu gründen, selbst zu gründen. Seit 2001 besteht diese Selbsthilfegruppe.
Ich möchte Sie hiermit einladen zur Teilnahme an dieser Selbsthilfegruppe missbrauchter Männer.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Männern. Wöchentliche Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
udo.gann@missbrauchsthemen.de
Frauengruppe Offenbach
Frauen, die in der Kindheit sexuell missbraucht wurden, lade ich zum Frauentreffen ein. Es ist auch für Frauen, die sich nicht ganz sicher sind, ob und was passiert ist. Wir treffen uns donnerstags um 19:30 Uhr in den Räumen von Missbrauchsthemen e.V. in Offenbach Wir sprechen offen über das Thema, weil wir glauben, dass wir nur so an den Kern unserer daraus folgenden Problemen kommen.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Personen. 14tägige Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Selbsthilfegruppe Kindheitstrauma Frankfurt
Hohe Gewalt in der Kindheit ist schwer vorstellbar, schwer aushaltbar und auch nicht nebenher zu verarbeiten. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir schwer misshandelt, vernachlässigt, emotional oder sexuell missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter Vater oder Mutter waren.
Ich bin seit vielen Jahren Mitglied einer Selbsthilfegruppe ehemaliger Opfer und möchte Sie hiermit einladen zur Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe in der Kindheit traumatisierterFrauen und Männer.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Personen. 14tägige Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Blockaden auflösen mit Focusing (BaF)
Erst unsere Wunden machen uns offen für Änderung und Bewusstheit
Die Selbsthilfemethode Focusing wurde von dem amerikanischen Philosophen und Psychotherapeuten Eugene Gendlin entwickelt (1926-2017).
Focusing ist ein Weg der Selbsthilfe. Wir lernen die Sprache unseres Körpers verstehen. Wenn wir Focusing anwenden, werden wir entdecken, dass unser Körper seinen eigenen Weg und seine eigene Antworten auf Probleme findet.
In unseren Gruppen beschäftigen wir uns mit:
- Atemübungen
- Achtsamkeitsübungen
- Empathisches Zuhören
- Körperwahrnehmung
- Wir schenken uns gegenseitig liebevolle Aufmerksamkeit
- Wir haben einen respektvollen Umgang miteinander
Die Gruppe trifft sich 2 x im Monat donnerstags in Offenbach und ist kostenlos.
Weitere Fragen bitte an Sabine: 0160-96 480 492
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Wir glauben Dir
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Wir glauben Dir
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Wir glauben Dir
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Wir glauben Dir
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Wir glauben Dir
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Wir sind Anlaufstelle im Rhein-Main-Gebiet für Frauen und Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden.
Wir bieten für Frauen und Männer Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Lotsendiensten und Selbsthilfegruppen. Es geht dabei um die Heilung von Traumafolgen aus der Kindheit.
Wir halten entsprechende personelle und fachliche Kompetenzen bereit.
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Persönlicher Lotsendienst
Benötigen Sie Hilfe, weil Sie in Ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden oder sind Sie sich nicht sicher, was Ihnen widerfahren ist?
Sind Sie Partner/in, Verwandte/r oder Freund/in einer von Missbrauch betroffenen Person?
Wir bieten Ihnen einen persönlichen Lotsendienst, um über Ihre nächsten Schritte zu beraten: udo.gann@missbrauchsthemen.de. Sie erhalten schnelle Antwort per Mail oder wenn Sie möchten per Telefon.
Was könnte Ihnen gut tun? Vielleicht ein persönliches Gespräch, ein ausführlicher E-Mail-Kontakt, Literatur, ein Gespräch über Therapiemöglichkeiten, eine Selbsthilfegruppe, eine Auszeit von Ihrer jetzigen Arbeit, Reden über Ihre Erinnerungen, oder auch das Gegenteil.
Systemisches Denken - Vielzahl von Ansätzen
Viele Ideen, die wirken. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt und was Sie jetzt gerade brauchen können. Und dann tun Sie es.
1) Automatisches Verhalten analysieren:
Was liegt zwischen Auslöser und Reaktion? Gedanken, Körperwahrnehmungen, Emotionen. Wo sind Lügen aus der Kindheit versteckt?
2) Kontakt zum inneren kleinen Kind:
Das Kind könnte wahrnehmen lernen, dass es überlebt hat, dass es den Erwachsenen gibt, dass seine Strategien superspitzengut waren. Und dass es seine wahren Reichtümer an Emotionen, z.B. Freude, Urvertrauen jetzt einbringen kann und mit den anderen Teilen verschmelzen kann. Keine Angst davor!
3) Abbau von Generalisierungen:
„Alle Frauen sind gefährlich“ -- alle Mütter, -- meine Mutter. Wirklich alle Frauen? Was bedeutet „gefährlich“ konkret?
4) Lücken ergänzen:
„Es ist alles Mist“. Was ist „es“? Wer oder was ist „alles“?
5) Grundgedanken und -muster entdecken:
Alle Frauen sind gefährlich. Angst vor Hilflosigkeit. Ich bin nichts Wert. Ich bin schlecht. Ich bin selbst schuld.
6) Grundgedanken und -muster auf ihre Entstehung zurückführen:
Mein Vater brachte mir mit 3 Jahren bei, dass alle Mütter an ihren kleinen Jungs rumspielen. Ich empfand meine Mutter als gefährlich, --alle Mütter, --alle Frauen.
7) Verzerrungen zurechtrücken:
„ich kann dir gute oder schlechte Gefühle machen, ich kann dich in den Tod treiben.“ Nein!
8) Man kann die Welt auch anders sehen:
Es gibt Menschen, die eher sich selbst Verantwortung geben und es gibt Menschen, die eher Verantwortung an andere geben. Optimisten – Pessimisten.
9) Analytisches Denken:
Gegebenheiten beobachten, Zusammenhänge beobachten, Reaktionen beobachten. Dann Ursachen analysieren. Dann Folgen überlegen. Keine Bewertungen: kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
10) Wahrheiten finden! Lügen suchen:
Wir tragen in erheblichem Umfang Verantwortung mit uns herum, die nicht unsere ist. Grund: wir tragen in uns „Grundwahrheiten“, die Lügen sind. Sehr nahestehende Menschen haben uns als kleine Kinder angelogen bzw. uns verraten. Wahrheit tötet nicht, Wahrheit heilt.
11) Somatic Experiencing – Übungen:
Der Körper entwickelt körperliche Sicherheit und Stabilität. Erdung – Gleichgewicht – pendeln – kämpfen – flüchten.
12) EMDR – getrennte Teile finden sich:
Die beiden Gehirnhälften verbessern den Austausch von Informationen. Dadurch werden Geschichten komplett und sie können als Erinnerung abgespeichert werden. Sie funktionieren damit nicht mehr als Handlungsanweisungen.
13) Achtsamkeit / Focusing – Ende der überdrehten Verantwortung:
Innere Gegebenheiten werden beobachtet und nicht bewertet. Körperempfindungen werden dadurch wahrnehmbarer. Sie beobachten und warten, was im Körper passiert.
14) Imaginationen – sanftes Wiederentdecken der inneren Wirklichkeit:
Distanziertes Umgehen mit inneren Wirklichkeiten, spielerisches Umgehen. „Sicherer Ort“, „Wohlfühlort“. Die eigenen inneren Anteile finden und erleben.
15) Rollenspiele:
Sohn – Vater – Gespräche, Tochter – Vater – Gespräche, usw. kann starke Erkenntnisse schaffen.
16) Starke Reaktionen haben starke Ursachen. Ganz sicher!
Emotionen sind immer wahr! Körperempfindungen sind immer wahr! Sind sie sehr stark, haben sie entsprechende Gründe: diese suchen ist hilfreich. Meist stammen sie aus sehr, sehr früher Kindheit.
17) Der Körper spricht wahr:
Eine Blockade macht Sinn – auch wenn ich diesen noch nicht gefunden habe. Die Blockade ist keine Schwäche, die überwunden werden müsste. Der Körper weiß es besser als unser Bewusstsein. Es ist eine Information, die wir entschlüsseln sollten.
18) Erinnerungen, gefühlt, körperlich, bildlich, wörtlich sind wahr:
Wie beim Puzzle: was passt, ist sinnvoll. Was sinnvoll ist, ist wahr.
19) Verantwortung gehört zu den Tätern:
Sie haben uns verraten. Wenn wir Wahrheiten finden, die für die Täter schmerzhaft sind: dafür sind die Täter selbst verantwortlich.
20) Verantwortung gehört zu den Eltern:
Vater und Mutter haben nicht geholfen, sondern, im Gegenteil, das Tatumfeld geschaffen. Sie haben gelogen. Sie haben sich nicht fürsorglich gekümmert. Sie waren in ihrer eigenen Welt. Dafür und für die Entstehung der Folgen in uns sind Vater und Mutter verantwortlich, nicht wir. Wir sind verantwortlich dafür, die Folgen in uns zu ändern und sie nicht weiterzugeben.
21) Ende des Schweigens:
Kraftvoller Beginn der Heilung: Mit anderen Opfern reden. Konfrontation des Täters, Öffentlichkeit: Das ist keine unberechtigte Rache. Das ist individuelle und gesellschaftliche Notwendigkeit. Täter sollen es zukünftig schwerer haben. Und sie sollen wissen: früher oder später müsst ihr Buße tun.
22) Integration – Heilung findet statt:
Alle inneren Anteile von uns gehören zusammen, die Abspaltung hört auf. Der zutiefst verletzte Teil von uns, der bei Missbrauch / Verwahrlosung / Gewalt ins Exil gegangen ist, kann wieder zu uns stoßen. Dieser Teil bringt die fehlenden Emotionen, Urvertrauen, Spiritualität, Lebensfreude mit. Dieser Teil wird nicht von den anderen Anteilen geholt. Er wird von sich aus kommen, er entscheidet, wann. Dann heilen wir.
23) Trauma-Auflösung:
Habe ich ein starkes Gefühl (körperlich) und finde ich die richtige Geschichte dazu, dann löst sich das Trauma auf. Das gilt auch für einzelne Teile eines komplexen Traumas.
24) Was ist die stärkste Angst?
Die behindert möglicherweise weitere Trauma-Auflösungen. Dann muss sie beachtet werden.
25) Stärken stärken – nicht Schwächen schwächen
Unsere Stärken sind unsere Kraft. Sie zu pflegen und wertzuschätzen ist wichtig. Das stärkt unser Selbstbewusstsein und es macht Freude, das zu tun, was wir bereits gut können.
26) Klagen ist notwendig
Ungewohntes zu tun bringt aber erst die Veränderung. Risiken eingehen.
27) Nicht so hart sein, liebevoller sein
Vor allem zu uns selber. Und neben dem heilen auch leben.
28) Gelassenheit
zugreifen, festhalten, loslassen, lassen und nehmen: alles ist gut. Ich bin genau richtig, so wie ich bin.
29) Selbermachen
Heilung von Traumafolgen kann und muss jeder selber tun. Hilfen von anderen sind wichtig, außerdem benötigt man: Mut, Wissen, Risikobereitschaft, Feedback, Anregungen, Experimente, Wohlfühlen.
Wenn Sie nicht sicher sind ...
... ob Ihre Schwierigkeiten mit sexuellem Missbrauch in Ihrer Kindheit zu tun haben.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder oder Jungendliche ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung.
Wenn Sie sich wie im Nebel vorkommen, nicht wissen, ob Sie sexuell missbraucht wurden, oder sich an keine Einzelheiten erinnern können, weil Sie "nur" ein vages Gefühl haben, glauben Sie diesem Gefühl. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Trauen Sie Ihren Gefühlen
Wie auch immer Sie sich fühlen, nehmen Sie diese Empfindungen ernst. Akzeptieren Sie sich, wie Sie gerade sind. Gefühle sind nicht falsch, verwirrend vielleicht. Dies wird mit der Zeit, wenn Sie sich beraten, wenn Sie Gespräche führen, klarer werden. Suchen Sie sich gute Freunde zum Reden, sprechen Sie uns an, sprechen Sie mit einem erfahrenen Therapeuten, einer erfahrenen Therapeutin.
Und suchen Sie sich einen sicheren Ort, an dem Sie sich wohlfühlen. Das kann ein Café sein, wo Sie unter Menschen sind, das kann auch Ihr Balkon zuhause sein oder sogar ein Ort in Ihrem Innern, in Ihrer Seele. Es gibt auch keinen Grund zur Panik, die Verletzungen liegen lange zurück.
Wichtig ist aber auf Abstand zum möglichen Täter, zur möglichen Täterin zu gehen. Kontakt zu diesen Menschen wird Ihre beginnende Klarheit verhindern, wird Sie weiterhin verwirren und vernebeln. Mit dem möglichen Täter, der möglichen Täterin können Sie sich später noch auseinandersetzen.
Sie sind nicht allein
So traurig es ist, Sie sind nicht der erste und nicht der letzte Mensch, der sexuell missbraucht wurde. Es gibt andere Menschen, die diese Erfahrung ebenfalls erlitten haben, mit denen Sie sprechen können. Sprechen Sie uns an. Wir bieten Ihnen einen Lotsendienst, der Ihnen durch Ihren Nebel helfen kann, sei es durch Gespräche mit anderen Betroffenen, Beratungsgespräche, Bücher, Therapie, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, was auch immer Ihnen kurzfristig wie auch auf Dauer helfen könnte.
Sie sind nicht allein!
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
aus Mike Lew: Als Junge missbraucht
Wir glauben Dir
Aber wir Opfer - Teil des Chors der Menschheit - antworten: "Wir glauben dir, nicht ihnen. Wir glauben dir, bevor du den Greul spürst vor dem, was dir angetan wurde, bevor du sicher und für immer weißt, was ein Verbrechen war oder ist, bevor wir uns begegnet sind, denn du bist wir, und deine Geschichte ist unsere Geschichte."
Und so beginnt es. Ich spreche zu Deinen Händen, die dieses Blatt halten, zu Deinen Augen, die diese Worte lesen und zu Deinem Herzen, das hüpft - vielleicht nur ein bisschen, vorsichtig - oder das vielleicht sogar springt bei dem Klang meiner Liebe, der ein Aufruf zur Schlacht ist. Und Deine Hände antworten, wenn sie spüren, dass sich dieses Blatt gut in Deinen Händen anfühlt. Deine Augen antworten, wenn sie zu dem einen Satz zurückgehen, den Dein Gehirn nicht gefiltert hat, sondern der direkt in Dein Herz drang. Und Dein Herz antwortet, Dein müdes, mattes Herz, das krank ist von all den Vergewaltigungen, den mit Schweigen erfüllten Jahren, den Verweigerungen, all dem Verrat und all der Feigheit. Dein Herz hat das Leben so sehr geliebt, dass Du Deine Hoffnung nie ganz aufgegeben hast, es möchte vielleicht doch Menschen geben, die Dich in der ganzen Wahrheit dessen, der Du bist, und in der ganzen Wahrheit dessen, wo Du gewesen bist, lieben und Dich deshalb nicht verletzen oder verleugnen. Dein Herz war immer, trotz all dem, was einige Menschen Dir angetan haben, bereit, der ganzen Menschheit zu vergeben, wenn nur einer vortreten und die Wahrheit sagen würde.
An diesem heutigen Tag, in diesem Augenblick, auf dieser Seite, auf diesem Blatt bin ich diese Person. Und ich sage Dir: Du bist unschuldig. Wenn Du dieses Blatt in Deinen Händen hältst, wenn Du es Deinem Herzen erlaubt hast, den grenzenlosen, in Deinem Herz schlagenden Mut und die Hoffnungen zu empfinden, die sterben zu lassen Du Dich geweigert hast, dann hast Du bereits alles in Dir, das erforderlich ist, um diesen Kampf zu seinem Ende zu führen. Dieser, unser Kampf ist nicht leicht; er findet in den grundlegendsten Schichten der menschlichen Natur statt. Aber denk daran: Wenn Du missbraucht worden bist, stehst Du schon mitten im Kampf.
Dort wo's zwickt und wehtut schauen wir hin
Sexueller Missbrauch und Gewalt sind keine Einzelphänomene, von denen nur wenige Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer bei Missbrauch und Gewalt ist aus unterschiedlichen Gründen sehr hoch. Schließlich ist es für die Betroffenen sehr schwer, ihre Scham zu überwinden und sich zu äußern. Kinder stehen oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Täter/innen und können die ihnen angetane Gewalt selbst dann noch nicht artikulieren, wenn sie aus der Gewaltbeziehung in Sicherheit gebracht werden können.
Folgen eines Missbrauchs
Missbrauch ist ein Generalangriff auf das Grundvertrauen und das gesunde Aufwachsen eines Kindes. Die Folgen einer derartigen Traumatisierung reichen bis in das Erwachsenenalter, begleiten die Betroffenen ein Leben lang und können sehr unterschiedliche, schwerwiegende Ausformungen annehmen, z.B.:
- posttraumatische Belastungsstörungen
- psychosomatische Schmerzen
- ängste, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panikattacken
- unberechenbare Starre in Stresssituationen
- Suchtverhalten
- gestörtes Selbstwertgefühl, sich leicht ausnutzen lassen,
- harmoniesüchtig sein, Angst vor Konfrontationen
- Angst vor Nähe, kein Vertrauen zu anderen, Zurückgezogenheit
- Selbstaggression wie Selbstverletzungen (z.B. Borderline-Störung)
Die Liste lässt sich weiter fortführen. Die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen solchen Verhaltensmustern, psychischen und körperlichen Problemen und Beeinträchtigungen und den erlittenen Gewalterfahrungen hat man oft erst in der Lebensmitte.Die Folgen von sexuellem Missbrauch erledigen sich jedoch nicht von selbst.
Verantwortungsbewusst an sich arbeiten
Ein Erkennen, Aufmachen oder Zulassen kommt irgendwann irgendwie hoch. Langsam und verdeckt oder plötzlich und direkt. Jahrelang Verdrängtes lässt sich nicht mehr stoppen. Therapeuten mit der Spezialisierung der Traumaverarbeitung sind rar, oft überbelegt und es gibt sehr lange Wartezeiten. Außerdem: Therapien reichen bei Weitem nicht aus. Wir Betroffene müssen verantwortungsbewusst an uns selbst weiterarbeiten. Es ist ein innerer Vorgang. Und dieser lässt sich leichter anstoßen und vorantreiben, wenn man sich offen und ohne Scheu mit Menschen austauschen kann, die das Gleiche erlitten und überlebt haben, die mit vergleichbaren Auswirkungen auf ihr Leben kämpfen müssen und die daher verstehend zuhören können.
Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Missbrauch
Nachdem ich 2008 nach einem 10-jährigen Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland war, suchte ich mir einen Therapeuten. Das war sehr viel schwieriger als erwartet. Dann hatte ich die Hoffnung, die richtige Selbsthilfegruppe zu finden. Auch das kam anders als ich dachte. Die Selbsthilfegruppen, für die ich mich interessierte, waren zu dieser Zeit nicht zugänglich, weil die betroffenen Frauen in der Einrichtung sich gerade neu zusammengefunden hatten und unter sich bleiben wollten. Das konnte ich zwar verstehen, aber es hat mir natürlich nicht weiter geholfen. Ich brauchte dringend Menschen, mit denen ich über mein heikles Thema sprechen konnte. Nach langer mühevoller Suche bin ich letztendlich bei einer Selbsthilfegruppe in Offenbach gelandet, bei der auch betroffene Männer waren. Das hat mich überwindung gekostet - Männer sind ja schließlich mein Thema. Aber ich bin trotzdem hingegangen. Heute bin ich sehr froh darüber. Doppelt froh, weil in dieser Gruppe offen über das Thema gesprochen wird. Mit diesem offfenen Umgang habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe durch Gespräche alte, mich behindernde Strategien und Blockaden erkannt und auflösen können.
Dort wo's zwickt und wehtut müssen wir hinschauen
In der Offenbacher Selbsthilfegruppe gilt das Motto: Dort wo's zwickt und wehtut, müssen wir hinschauen. Und: wir schaffen es auch selbst. Für manche Therapeuten ist das nicht die richtige Haltung; mein Therapeut hat es allerdings unterstützt! Zum Verstehen und Wachsen ist eine innere Bereitschaft und Hinsehen unabdingbar. Unsere Wunden machen uns empfänglich für Bewusstheit und änderung; dann kann unsere ursprüngliche Schwäche zur Stärke werden.
Sabine
Selbermachen
Im Jahr 2001 wollte ich als Betroffener im Großraum Frankfurt in eine Selbsthilfegruppe gehen für Männer, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. So etwas gab es allerdings nicht. Darum verfasste ich einen Gründungsaufruf.
Männergruppe "Als Junge missbraucht"
Mein damaliger Aufruf führte zu einer Gruppe von drei Teilnehmern.
In der Gründungssitzung begann der erste ganz vorsichtig mit 'meine Geschichte ist eine ganz besonders ungewöhnliche Geschichte, ich wurde von meiner Mutter missbraucht.' Tja, ... wir waren alle drei genau richtig, in der richtigen Gruppe, wow! Alle drei waren wir von unseren Müttern sexuell missbrauch worden. Es gab auch weitere Täter: Väter, Großeltern, Fremde, ...
Diese Selbsthilfegruppe besteht bis heute, sie trifft sich wöchentlich in Offenbach in den Räumen des Vereins Missbrauchsthemen e.V.
Männer sind öfter Opfer als gedacht
Opfer wurden wir nicht nur in der Kirche oder in der Eliteschule. Viel häufiger geschah dies in der Familie oder im Umfeld der Familie. Und auch Männer sind gar nicht so selten zum Opfer geworden. Ebenso wie Frauen als Täter keine Seltenheit sind. Und es gibt in nennenswertem Umfang so etwas wie 'Missbrauchsfamilien', Großeltern, Eltern, weitere Verwandte: viele wurden Opfer und viele sind Täter geworden.
Das Trauma gemeinsam bewältigen
Die Auflösung, oder wenn man so will: Heilung, traumatischer Folgeprobleme ist möglich, auch vollständig. Ich stelle diese Behauptung auf, weil ich weiß, dass es si ist, weil ich es an mir selbst erlebt habe. Ich habe in Bezug auf ängste, Hilflosigkeit, Wut, Ekel, Scham keine Traumafolgebelastungen mehr. Gar keine.
Vermutlich gibt es nicht nur meinen Weg bzw. den Weg der Gruppenmitglieder von 'Als Junge missbraucht' zu diesem Ziel. Unser Weg war und ist: im Körper, im Denken, in den Emotionen alles aufspüren, was mit dem Missbrauch zu tun hatte. Eine Erinnerung beobachtend wiedererleben oder die Körperempfindung wiedererleben und das Wiedererlebte neu einordnen als das, was es ist: eine Erinnerung und keinesfalls Gegenwart. Wenn ich eine traumatische Geschichte ausreichend wieder erinnere, dann wandelt sie sich in eine 'normale' Erinnerung, sie wirkt nicht mehr wie 'jetzt'. Bei unserer Herangehensweise geht es konkret darum, den eigenen Körper zu spüren und wahrzunehmen, auf ihn zu fokussieren. Wir betreiben das alleine, in Gruppen oder zu zweit, wobei einer fokussiert und der andere ihn begleitet. Diese Methode kann auch in Psychotherapien angewandt werden, allerdings ist sie eigentlich eine typische Selbsthilfemethode.
Eine weitere Herangehensweise ist das Selbermachen, also das Trauma in eigener Verantwortung bearbeiten
Für mich war immer wichtig, dass ich die Auflösung der Traumafolgen 'selber betreibe'. Selber machen, also in eigener Verantwortung, ist mir ein ganz wichtiges Element meines Tuns. Das galt auch dann, als ich mit einem Therapeuten an meinen Themen arbeitete. Ich hole mir Hilfe, ich selbst bin aber für den Prozess verantwortlich. Und für mich gilt: wenn ich dort, wo's in mir schmerzt, hinschaue, dann werde ich die Traumafolgen auflösen! Alle!
In unserer Gruppe erlebe ich bis heute, bei mir wie auch bei anderen, ständig kleinere und größere Auflösungen, sozusagen Aha-Effekte körperliche Art oder auch als zutiefst wirkende Erkenntnis. Seit 2011 kann ich mit meinem eigenen Namen in der öffentlichkeit auftreten, weil die alten Ängste zum Redeverbot nicht mehr existieren.
Udo Gann
Selbsthilfegruppe Missbrauchsthemen Darmstadt
Wir haben, unter Einhaltung der aktuellen Hygienevorschriften, für die Darmstädter Selbsthilfegruppe eine Sondergenehmigung für Face-to-Face Meetings
Anlaufstelle für Frauen und Männer, die als Kind sexuell missbraucht oder traumatisiert wurden.
Unsere Selbsthilfegruppe
Wir sind eine Anlaufstelle für Betroffene, die sich informieren und in Kontakt mit anderen Betroffenen kommen wollen.
Wir sprechen sowohl über unsere aktuelle Situation, als auch über unsere Erinnerungen.
Die Teilnahme ist kostenfrei. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortungsvoller Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer ist selbstverständlich.
Die Gruppe trifft sich jeden 2. und 4. Montag im Monat in Bahnhofsnähe Darmstadt
Über Missbrauch
Sexuelle Gewalt, emotionaler und körperlicher Missbrauch sind Delikte, die in unserer Gesellschaft erschreckend verbreitet sind. Es sind hochgradig verwirrende Erlebnisse von Vertrauensmissbrauch mit enorm zerstörerischen Folgen, die nach einer sensiblen und vollständigen Aufarbeitung verlangen.
Oft benötigt die Psyche Jahrzehnte, bis sie traumatische Erlebnisse ins Bewusstsein lässt.
Folgen eines Missbrauchs
Traumatisch wird Erlebtes dann, wenn der Organismus davon überwältigt wird und mit Hilflosigkeit und Lähmung reagiert. Die Folgen wirken im Denken, Fühlen und Handeln.
Traumatische Erinnerungen können durch Mechanismen wie Verdrängung oder Dissoziation vom Bewusstsein abgespalten werden.
Als Betroffene haben wir einen Verlust an Lebensenergie, Leidensdruck bis hin zu selbstzerstörerischen und unangemessenen Verhaltensweisen. Manche empfinden ihr Leben als stillgelegt. Unser psychisches Gleichgewicht ist aus der Balance.
Beziehungen zu anderen Menschen können schwierig sein, weil wir selbst von tiefen Verletzungen geprägt sind.
Wir leiden u.a. unter posttraumatischen Belastungsstörungen, psychosomatischen Schmerzen, Depression, Verzweiflung, Panik, Starre, Sucht, Zwängen, Angst vor Nähe und geringem Selbstwertgefühl. Das Vergangene lebt weiter in unsererem Körper und vermindert unsere Lebenskraft. Der Körper ist für uns zum Feind geworden und oft tun wir alles, um ihn nicht spüren zu müssen.
Unser Weg
Es gibt einen Weg aus dem Trauma, nicht durch Vergessen, sondern durch bewusstes Auseinandersetzen. Durch den Prozess der Auseinandersetzung mit uns selbst können unsere Selbstheilungskräfte allmählich in Gang kommen. Wir versuchen, unseren Körper und unsere Gefühle wahrzunehmen, zu akzeptieren und zu verstehen.
Zum Verstehen und Wachsen ist innere Bereitschaft und Hinsehen-wollen unabdingbar. Durch den Austausch, das Gespräch, gegenseitigen Respekt und Mitgefühl wachsen wir.
Betroffene, die diesen Weg nicht gehen wollen, sind trotzdem willkommen.
Wir wollen die Fähigkeit entwickeln, präsent zu bleiben und verstörenden Empfindungen zu begegnen, ohne von ihnen überwältigt zu werden. Wir wollen beobachten lernen, wann und wie sich der Körper versteift und zusammenzieht und wie Gefühle und Impulse aufsteigen. Wir sind auf der Suche nach Erklärungen für die Erinnerungen, und wie wir damit Frieden schließen können.
Ohne zusammenhängende Erinnerungen können wir den Teufelskreis der sich ständig wiederholenden Schwierigkeiten in unserem Leben nicht durchbrechen.
Unsere Ziele
Wir wollen lernen, unsere unbequemen Erinnerungen zuzulassen.
Wir wollen lernen, selbstreflektiertes Verhalten zu entwickeln.
Wir wollen lernen, unsere negativen Komplexe zu durchbrechen.
Kontaktaufnahme unter
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Sabine Tel: 0160-96 480 492
fabienne.pasternak@web.de
Fabienne Tel: 0152-55 945 041
Selbsthilfegruppe Überlebender von Missbrauch und Vergewaltigung Frankfurt
Sexuelle Gewalt ist so schwer vorstellbar, dass es kaum zu fassen und auch nicht nebenher zu verarbeiten ist. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter nahe Verwandte waren, gewaltig war der Unglaube bei Vater oder Mutter.
Ich bin seit vielen Jahren Mitglied einer Selbsthilfegruppe von Überlebenden von sexuellem Missbrauch in der Kindheit und möchte Sie hiermit einladen zur Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe missbrauchter oder vergewaltigter Frauen und Männer.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Personen. Wöchentliche oder 14tägige Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Selbsthilfegruppe "Als Junge missbraucht" Offenbach
Als ich in einem Buch las, "Sie sind willkommen in dieser Welt. Als Sie geboren wurden hat die Sonne gelächelt", wusste ich, dass tief in mir steckt, nicht wichtig zu sein, nichts wert zu sein, für niemanden. Das war 1997und ich wusste noch nicht, dass ich über viele Jahre hinweg von meiner Mutter nicht nur geschlagen, sondern auch sexuell missbraucht wurde.
Nachdem ich 1999 dann den Missbrauch wieder erinnerte, habe ich versucht, andere Betroffene in einer Missbrauchsgruppe kennen zu lernen. Es war mir nicht gelungen, es gibt kaum solche Gruppen in Frankfurt. Daraufhin glaubte ich, dass es sinnvoll ist, eine solche Gruppe zu gründen, selbst zu gründen. Seit 2001 besteht diese Selbsthilfegruppe.
Ich möchte Sie hiermit einladen zur Teilnahme an dieser Selbsthilfegruppe missbrauchter Männer.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Männern. Wöchentliche Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
udo.gann@missbrauchsthemen.de
Frauengruppe Offenbach
Frauen, die in der Kindheit sexuell missbraucht wurden, lade ich zum Frauentreffen ein. Es ist auch für Frauen, die sich nicht ganz sicher sind, ob und was passiert ist. Wir treffen uns donnerstags um 19:30 Uhr in den Räumen von Missbrauchsthemen e.V. in Offenbach Wir sprechen offen über das Thema, weil wir glauben, dass wir nur so an den Kern unserer daraus folgenden Problemen kommen.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Personen. 14tägige Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Selbsthilfegruppe Kindheitstrauma Frankfurt
Hohe Gewalt in der Kindheit ist schwer vorstellbar, schwer aushaltbar und auch nicht nebenher zu verarbeiten. Es ist ein Trauma, ein Horrortrip, der plötzlich hochkommen kann, in Gedanken, Bildern oder Gefühlen.
Dennoch, es gibt einen Weg aus dem Horror - nicht durch Vergessen, sondern mit Kraft und Energie, und Sie haben diese Kraft und Energie. Sie sind zutiefst verletzt worden. Auch wenn Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, es nicht wahrhaben wollen, glauben Sie sich: irgendein gravierender Vorgang fand da statt. Wir alle wollten nicht glauben, dass wir schwer misshandelt, vernachlässigt, emotional oder sexuell missbraucht wurden, am wenigsten, wenn die Täter Vater oder Mutter waren.
Ich bin seit vielen Jahren Mitglied einer Selbsthilfegruppe ehemaliger Opfer und möchte Sie hiermit einladen zur Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe in der Kindheit traumatisierterFrauen und Männer.
Was wir wie machen:
Inhalte: Gespräche über persönliche aktuelle Themen, Probleme, Erlebnisse, Sexualität, Erinnerungen. Besprechungen von Büchern und Texten. Gelegentlich Referenten, z.B. Therapeuten.
Rahmen: eine regelmäßige Gruppe von max. 8 Personen. 14tägige Treffen. Verschwiegenheit nach außen bzw. verantwortlicher Umgang mit dem Wissen über andere Teilnehmer. Auf Wunsch wird völlige Anonymität zugesichert. Ausreden lassen. Wenn nicht gewünscht, wird nicht nachgefragt bzw. diskutiert.
Kontaktaufnahme unter
udo.gann@missbrauchsthemen.de
sabine.cruiser@missbrauchsthemen.de
Blockaden auflösen mit Focusing (BaF)
Erst unsere Wunden machen uns offen für Änderung und Bewusstheit
Die Selbsthilfemethode Focusing wurde von dem amerikanischen Philosophen und Psychotherapeuten Eugene Gendlin entwickelt (1926-2017).
Focusing ist ein Weg der Selbsthilfe. Wir lernen die Sprache unseres Körpers verstehen. Wenn wir Focusing anwenden, werden wir entdecken, dass unser Körper seinen eigenen Weg und seine eigene Antworten auf Probleme findet.
In unseren Gruppen beschäftigen wir uns mit:
- Atemübungen
- Achtsamkeitsübungen
- Empathisches Zuhören
- Körperwahrnehmung
- Wir schenken uns gegenseitig liebevolle Aufmerksamkeit
- Wir haben einen respektvollen Umgang miteinander
Die Gruppe trifft sich 2 x im Monat donnerstags in Offenbach und ist kostenlos.
Weitere Fragen bitte an Sabine: 0160-96 480 492